Wie Sprache das Lernen beeinflusst – Teil 2

Wie Sprache das Lernen beeinflusst – Teil 2

Sprache als praktische Unternehmenskultur

In unserem ersten Beitrag zum Thema Sprache und Lernen haben wir den Einfluss von Sprache auf Lernprozesse betrachtet. In diesem zweiten Teil unserer Serie schauen wir uns an, wie Ausdrucksformen Unternehmenskulturen prägen können.

Andere Unternehmen, andere Sitten. Ja, genauso wie es in unterschiedlichen Ländern unterschiedliche Sitten, Bräuche und Ansichten gibt, hat auch jedes Unternehmen seine Eigenheiten. Der Begriff „Unternehmenskultur“ beschreibt genau das: Die innerhalb eines Unternehmens gültigen und gelebten Sitten, also die Werte und Normen, die das Selbstverständnis und das Handeln aller Mitarbeiter:innen prägen. Die Kultur wirkt sich sowohl auf das Wohlbefinden der Mitarbeitenden als auch, daraus resultierend, auf den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens aus. Es lohnt sich also, die Kultur, ihre Bestandteile und wie man sie erhält auf den Prüfstand zu stellen.

Sprache als Teil der Unternehmenskultur

Ein Faktor, der für eine gesunde Unternehmenskultur verantwortlich ist, ist die Sprache, die sich ein Unternehmen zu eigen gemacht hat. Dabei ist die Sprache in der Regel nichts, was jemand bewusst lernt, wenn er:sie neu in ein Unternehmen kommt. Doch kleine Veränderungen machen hier viel aus – im Positiven wie im negativen Sinne. Denn wie miteinander kommuniziert wird – egal ob unter Kolleg:innen oder mit Vorgesetzten – und auch, wie man nach außen hin auftritt, ist maßgeblich dafür, wie glücklich Mitarbeiter:innen sind und wie erfolgreich ein Unternehmen sein kann.

  • Wie wird kommuniziert? Eher freundschaftlich oder formell, direkt oder indirekt?
  • Spricht jede:r mit jeder:m?
  • Wer kommuniziert was an wen und wann?
  • Wie sprechen Mitarbeiter:innen miteinander und was erzählen sie sich, wenn sie über Kolleg:innen oder Vorgesetzte reden?

All diese Punkte zusammengenommen, ergeben die sogenannte Corporate Language, also die sprachliche Identität eines Unternehmens.

Corporate Language

Unter Corporate Language (Unternehmenssprache) versteht man den individuellen und charakteristischen Sprachstil, mit dem ein Unternehmen sowohl nach innen als auch nach außen kommuniziert.

Sprache nutzen, um wertzuschätzen

Häufig sind wir uns gar nicht bewusst darüber, wie sehr Sprache unseren Alltag – auch den beruflichen – beeinflusst. Wir Menschen brauchen beispielsweise alle Anerkennung und Wertschätzung, um uns gut zu fühlen.

Gerade in Unternehmen beklagen sich jedoch immer wieder viele Mitarbeiter:innen, dass sie in ihrem Arbeitsumfeld zu wenig Wertschätzung erfahren. Häufig werden Erfolge und gute Leistungen nicht ausreichend anerkannt, dabei können bereits Kleinigkeiten einen Unterschied machen. Danke zu sagen, ist beispielsweise ungemein wichtig und dabei ist es egal, ob ein großes Projekt erfolgreich beendet wurde oder ob es lediglich um einen kleinen Gefallen ging. Nicht gemeckert, ist niemals genug Lob. Nur wer erfährt, dass seine Leistungen gesehen und (verbal) anerkannt werden, ist weiterhin und auch langfristig motiviert für kommende Aufgaben.

„Das Menschlichste, was wir haben“, so Theodor Fontane, „ist doch die Sprache.“

Fehlerkultur

Während gute Leistungen unter den Tisch fallen, ist es mit Fehlern oftmals andersherum. Häufig werden diese besonders hervorgehoben oder auf wenig konstruktive Art und Weise besprochen. Selbstverständlich müssen auch negative Dinge angesprochen werden, aber auch dies kann in zugewandter, lösungsorientierter Form geschehen. Statt „Wie kann man so einen dummen Fehler machen?“ könnte man fragen „Was können wir tun, damit dir dieser Fehler nicht noch einmal passiert? Und was können wir daraus lernen?“ Der richtige Ton beim Umgang mit Fehlern und konstruktive Kritik gehören zu einer guten Unternehmenskultur dazu. Die Sprache, die in solchen Momenten verwendet wird, macht einen großen Unterschied.

Übrigens gilt dies auch für geschriebene Sprache. Hier sollte besonders auf Satzzeichen geachtet werden, da diese als Betonung wirken und schnell bedrohlich wirken können. Oder nicht !!??

Zugehörigkeitsgefühl erschaffen

Sprache kann auch beeinflussen, wie sehr sich Mitarbeiter:innen mit ihrem Unternehmen identifizieren. Und Identifikation ist ein wichtiger Faktor, wenn es um gelungene Unternehmenskultur geht.

Doch wie entsteht Zugehörigkeit? Zum einen ist es wichtig, dass sich bei interner Kommunikation auch tatsächlich alle Mitarbeitenden angesprochen fühlen. Momentan wird in diesem Kontext vor allem gendergerechte und inklusive Sprache diskutiert. Auch wir sind der Meinung, dass Sprache Wahrheiten schafft, aus diesem Grund sollten alle Geschlechter abgebildet und angesprochen werden. Genauso sollte in der Bildsprache eines Unternehmens Diversität vorhanden sein, denn auch Teams sind in der Regel nicht homogen.

Sprache sollte in Unternehmen so eingesetzt werden, dass jede:r auch alles versteht – sowohl in Gesprächen aber auch in schriftlicher Kommunikation. Dabei geht es zum einen um die Komplexität von Sprache aber auch darum, ob und welche Abkürzungen verwendet werden. Es ist die Aufgabe des Sprechenden bzw. Schreibenden, klar und transparent zu kommunizieren und das Gegenüber abzuholen, also sicherzustellen, dass verstanden wird, was gesagt wird. Denn wer nicht alle Abkürzungen kennt, bleibt ansonsten außen vor.

Zu guter Letzt: Um eine Zugehörigkeit zu einem Unternehmen zu festigen, hilft der Begriff „wir“. Wenn sich Geschäftsführung, Führungsebene und auch Mitarbeiter:innen als Einheit sehen und dies auch so kommunizieren, entsteht ein ganz besonderes Miteinander. Ein „wir“ bedeutet, dass eine Abteilungsleiterin hinter ihrem Team steht. Ein „wir“ bedeutet, dass Kolleg:innen sich aufeinander verlassen können. Ein „wir“ beschreibt eine Einheit – vorausgesetzt, dass es nicht nur als leeres Wort dahingesagt, sondern auch gelebt wird.

Der vermeintlich kleine Baustein Sprache spielt in der Unternehmenskultur eine große Rolle. Einzelne Worte können großes bewirken. Ist dieses Thema für Sie interessant? Dann lesen Sie auch Teil 1 und Teil 3 der Rubrik „Lernen & Sprache“.

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